Ort der Freude
tedfett
Schrudel und der Mittelstand

Gregor "Phobie" Patzschke aus der Rhön ist eine Art Klempner. Früher war er eine Art Bademeister. Er hat Muskeln, ist knackig wie Unterholz, wenn es zu lange in der Lausitz rumliegt. Seine Augen sprühen Funken, und die Kunden essen vor lauter Angst immer die ganzen Radiergummis im Büro auf.

Gregor Patzschke ist der größte Arbeitgeber der Region. Er hat noch ein offenes Ohr für die Sorgen seiner Mitmenschen. "Fresst ihr mir schon wieder die Radiergummis weg, ihr Versager?" - "Kannst du deinen blöden Süffong nicht selber reparieren, du Knalltüte?" - "Na, Opa, wieder Wasser gelegt?" Gregor Patzschke ist beliebt. "Wenn ihr so weitermacht, zahlen noch eure Enkel an mich. Aber ich hab euch gewarnt."

Gregor Patzschke expandiert. Jeden Morgen wirft er einen Haufen alter, keimiger Rohre von seinem Schrottplatz ins Hundefängerauto. Dazu kommen ein paar riesige, vergammelte Ventilbeulen mit Drehrad, die er im explodierten Kraftwerk gefunden hat. Manchmal darf das Meerschwein mitfahren, dann muss er fuderweise Petersilie in die Öffnungen reinstecken.

Illustration
Seine Tierliebe unterscheidet den Menschen vom Tier.

Das Kraftwerk übrigens, und das wirft ein Licht auf das naturnahe Bewusstsein des Rhöners an sich, wurde kurz nach Einführung der Elektrizität im Jahre 1978 von einem verbündeten Kommando der rhönischen Docht-, Köhler- und Torfwerker unter Zuhilfenahme von 40 Tonnen Hefe, 8 Opfertieren, einer unbedarften Jungfrau und 80 Liter Kräutergetränk auf die Seite gelegt.

Gregor Patzschke indessen, hier beginnt der für uns interessante Teil des Berichts, rollt jeden Morgen im Hundefängerauto auf der A4 nach Blasegast. Manchmal über die Dörfer, wenn die Frau wegen der Buchhaltung mitkommt. "Autobahn hat keinen Reiz, Herbert. Da kommt uns keiner entgegen."-"Ich heiße nicht Herbert!"-"Hahaha-ha."-"Ich klatsch dir gleich eine!!"

Das Auto ist beklebt mit: "Aus der Rhön / mit Gedröhn / kumm ich angerollt. / Trockenbau / ist nicht schlau / feucht ist meine Wolt" und anderen Perlen der kommerzialisierten Dichtkunst, die der bekannte Rhönpoet Karl Zwarg unbekümmert vor die Schweine streut.

In Blasegast wird das Fahrzeug erfolgreich zum Stehen gebracht. Gregor Patzschke schmeißt die mittlerweile wild fluoreszierenden Armaturen (vom alten Gemeinschaftsduschraum) auf die Straße. Das Meerschwein macht sich an der Fahrzeugelektrik zu schaffen. Die Gattin flaniert.

"Frau Steckwurst, Frau Steckwurst, dor Vorbreschor is wiedor da!" kann der blinde Herr Schrudel eben noch rufen, da wird er von der Rohrzange niedergestreckt. Er sieht Sterne. "Ich sehe Sterne" sagt Herr Schrudel. "Na bitte" sagt Patzschke "macht fuffzig achtzig schwarz auf die Hand."

Ja, fix ist Gregor Patzschke wie keiner, außer vielleicht der Furkel-Herbert aus Trusetal, aber der ist längst niederkonkurriert: Mittags sind alle frischen Fliesen von den Wänden, das Haus ist mit Gossen zuinstalliert, die Schleusenzentrale bricht bis in den Keller durch ("Sie sind halt zu schwer für die Anlage, Frau Steckwurst") und die Wasserstrahlen aus den Thermostaten sägen sich durch die Wände.

Gegen vier hat er schließlich alle "Klos rausgerubbt, bei Ihnen auch, Frau Quarterbeck?" wie Herr Schrudel leise stöhnt, und in die umliegenden Häuser eingebaut. "Jetzt muss ich aber heim, das Meerschwein füttern" lügt Gregor Patzschke leutselig und lässt einen Apfelgriebsch von ganz oben durch die Löcher fallen, wo einst die Aborte übereinandergeschaltet Linderung versprachen.

"Tschüssi, Herr Patzschke, bis morgen" ruft Frau Steckwurst von unten, und Herr Schrudel zieht es vor, blind zu bleiben und die 50 Mark 80 lieber zum Blasegaster Rundvinylhandel hinzutragen. "Morgen installiere ich Ihren neuen Brauser, alter Sack" brüllt ihm Patzschke hinterher, und Schrudel weiß: Das wird die Wahl der Schallplatte beeinflussen.

Ende